«Keine Discountbussen bei Littering»
Votum von Peter Schenk an der Grossratssitzung vom 03.07.2024
Geschätzter Ratspräsident, Damen und Herren
Die Legislatur hat frisch begonnen. Darum halte ich an dieser Stelle fest, dass dieses Votum und alle meine künftigen Voten im generischen Maskulinum zu verstehen sind. Denn ich helfe nicht mit, unsere Sprache gendernd zu zerstören.
Wir von der EDU/Aufrecht Fraktion bedanken uns bei allen, die zur Vorlage Vorarbeit geleistet haben.
Wir sollen und wollen der Schöpfung Sorge tragen; Natur und Umwelt soll intakt bleiben. Unsere Enkel sollen auch in einer sauberen Umgebung leben können.
Man würde meinen, es müsste den hier lebenden Menschen klar sein, wo der Müll hingehört. Offensichtlich ist das aber nicht der Fall. Vielleicht muss man sogar sagen, es ist immer weniger der Fall. Es macht traurig, wenn solche politischen Geschäfte behandelt werden müssen. Littering ist trauriger Fakt, und die daraus entstehenden Schäden auch. Darum braucht es Instrumente, um Gegensteuer geben zu können. Solche Regelwerke sind grundsätzlich entgegen der Grundhaltung unserer Fraktion, aber hier führt leider kein anderer Weg dran vorbei.
Der Thurgau sieht optisch litteringmässig nicht wie Bangledesh aus. Darüber sind wir alle froh. Trotzdem muss hingeschaut werden.
Jämmerlich verendende Tiere wegen aufgeschlitzter Eingeweide, verursacht durch weggeworfene Alu Büchsen ist nicht tolerierbar. Auch im vermeintlich ganz kleinen, unbeachteten, schleichenden ist es nicht tolerierbar: Ein einziger weggeworfener Zigi Stummel bringt etwa 4000 verschiedene Schadstoffe, 50 davon sind für Menschen krebserregend, in die Umwelt und zerstört etwa 50 Liter Grundwasser. Wenn wir rechnen: 1 Päckli pro Tag, also 20 Zigis, alle Kippen weggeworfen bedeutet: 1m3 oder 1000 Liter zerstörtes Grundwasser pro Tag. Das x 365 Tage ergibt 365m3 im Jahr, was einem Swimming Pool von 15x15x1.6mTiefe entspricht. Wenn der Kippen wegschmeissende Saumagen das 60 Jahre lang macht, vergiftet er 60 solcher Poolfüllungen oder etwa 22 000m3 Trinkwasser. Das entspricht etwa 1.3 mal dem Volumen von Business Tower Frauenfeld Ost. Und wenn wir das Ganze jetzt mit den etwa 56 000 Thurgauer Rauchern multiplizieren, sind wir bei einem zerstörten Grundwasservolumen von 1 ¼ Mio.m3. Das ist mehr als das Volumen des Nussbaumer Sees: Stinkige, gruusige toxische Brühe. Das wir im Trinkwasser haben. Das ganz Kleine wird plötzlich ganz Gross, nicht wahr? Hoffentlich ist meine Rechnung komplett falsch, weil hoffentlich alle Zigi Stummel Produzenten ihre Kippen nie wegschmeissen!
Warum akzeptieren wir das?
Vielleicht kann mir der zuständige DBU-Chef erklären, warum diese immense Grundwasserzerstörung ungeahndet bleibt.
Interessanterweise ahnden die Behörden hingegen andere kleine Umwelt-Sünder ganz massiv: Wenn in der Landwirtschaft aus Unachtsamkeit 100 Liter Gülle in den Vorfluter gelangen, was selbstverständlich nicht geschehen sollte, geht’s richtig los. Oder, wie ich es selber erlebt habe, wenn auf der Baustelle etwas Dreckwasser in den Bach gelangt. Phuuh! Ein Offizial Delikt, ein Verbrechen wurde erkannt! Alle wollen jetzt den Planeten retten und prügeln auf den Übeltäter ein. Gemeindepräsident, Feuerwehr, Polizei, AFU, Umweltingenieure usw., alle sind auf Platz und selbstverständlich leisten die Medien auch ihren wertvollen Beitrag dazu. Am Schluss ist auch der Staatsanwalt beschäftigt, der Übeltäter wird verurteilt, hat einen mächtigen Tolggen im Leumund, muss die Verfahrenskosten tragen und obendrein auch noch eine saftige Busse zahlen. Und das alles, nur weil er gearbeitet hat und ihm ein Fehler passiert ist.
Nun: Einerseits ist das Gesetz. Andererseits gibt’s dessen Interpretation und Anwendung, welche in den 26 Kantonen in solchen Fällen aus meinem Erleben unterschiedlichst, oft einseitig und selten verhältnismässig ist.
Jetzt noch ein Wort zur zweifellos nicht trivialen Herausforderung, die Litterer in Flagranti zu erwischen: Ist es nicht so, dass die zuständigen Behörden Mittel und Wege gefunden haben, um zum Beispiel Verkehrssünder in Flagranti zu erwischen? Ich bin zuversichtlich, dass sie das auch bei der Littering Gesellschaft schaffen werden. Die Fraktion EDU stimmt der Fassung der vorberatenden Kommission zu, findet es gut, dass der RR verlauten lässt, Gesetz und Verordnung gleichzeitig in Kraft zu setzen und ist einstimmig für Eintreten. Aufrecht sieht das anders und ist für nicht Eintreten.
«300 Franken für den Zigi-Stummel»
Die Thurgauer Zeitung berichtet zur Debatte.