Dringliche Motion: Standesinitiative WHO
Votum von Andreas Sigrist an der Grossratssitzung vom 03.07.2024
Sehr geehrter Ratspräsident, geschätzter Regierungsrat, geschätzte Kolleginnen und Kollegen
Als Sprecher der Fraktion EDU/Aufrecht danke ich den Motionären für das Teilen Ihres Anliegens.
Dem Regierungsrat danke ich für die Antwort vom 7. Mai 2024.
Wenn stattfindet was der Regierungsrat geschrieben hat, dann freue ich mich. Wir lesen, dass die WHO-Empfehlungen rechtlich für die Schweiz nicht bindend sind und die verfassungsmässigen und völkerrechtlich geschützten Grund- und Menschenrechte jederzeit eingehalten werden müssen. Es ist wohltuend zu lesen, dass die Schweiz nach dem Abschluss der Verhandlungen souverän entscheiden kann, ob sie diese übernimmt oder nicht etc. Allerdings ist es unklar, wie diese Rechte und diese Selbstbestimmung gesichert werden könnten, weil die Neufassung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) eine andere Sprache spricht. Rein terminlich sind die dazu nötigen Prozesse nicht mit den Abläufen der schweizerischen Gesetzgebung in Einklang zu bringen. In der Antwort hat der Regierungsrat dieses Problem auch erkannt als er schrieb, dass das Mitwirkungsrecht der Bevölkerung eingeschränkt sei. Mit anderen Worten heisst das, dass wir uns selber nicht an unsere Gesetze halten. Dass durch diesen willkürlichen Umgang mit unseren Gesetzen das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik sinkt, das ist gut verständlich und sollten wir nicht dulden.
Der Regierungsrat schrieb in seiner Antwort auf die Motion «Standesinitiative WHO: Revision der IGV»: «Der Text einer angepassten IGV liegt noch nicht vor. Eine materielle Beurteilung ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.»
Zwischenzeitlich sieht dies anders aus. Die Verhandlungen über die IGV verliefen am letzten Tag der Weltgesundheitsversammlung (WGV) bis in die frühen Morgenstunden (1. Juni), wurden an diesem Morgen publiziert und kamen dann am Abend (dem letzten Tag der 77. WGV) zur Schluss-Abstimmung. Dass diese Neufassung unter grossem Zeitdruck entstanden ist macht deutlich, dass hinter diesem Text etliche ungeklärte Fragen stecken. Bei so vielen ungeklärten Fragen sind Missverständnisse und Schwierigkeiten programmiert.
Gerne weise ich an dieser Stelle auf das Schreiben von Philipp Kruse hin, der ausführlicher auf die Antwort des Regierungsrates eingeht.
Hier führe ich nur zwei Beispiele für mögliche Schwierigkeiten an:
1. Die jüngste Fassung der IGV-Anpassungen führen eine neue Kategorie eines pandemischen Notfalls ein («Pandemic Emergency»). Dieser neue Notstandsmodus soll ausgerufen werden können, wenn die pandemische Bedrohung – nach Auffassung des WHO-Generaldirektors – bereits ein mögliches hohes Risiko darstellt. Klare Standards und wirksame Mechanismen für eine objektive Kontrolle dieser Deklaration mit potenziell weitreichenden Folgen auch für unseren Kanton fehlen in dieser Neufassung der IGV vollkommen.
2. Gemäss diesen Bestimmungen sollen die Staaten darauf hinarbeiten, bestimmte von der WHO vorgegebene Produkte in von der WHO vorgegebenen Quantitäten für den Pandemiefall zur Verfügung zu haben. Auch wenn diese Bestimmungen nach ihrem strikten Wortlaut nicht als unmittelbar rechtsverbindlich ausgestaltet wurden, werden die Gesundheitsbehörden und die Ärzteschaft in Zeiten vermeintlicher Not bereits aus Haftungsgründen der Liste der WHO folgen. Die Coronajahre haben uns sehr deutlich vor Augen geführt, wie es dadurch zu Entscheidungen kam, unter denen auch wir Politiker z.B. im Blick auf die Finanzen heute noch leiden. Grosse Mengen Impfdosen zu geheimen Konditionen wurden eingekauft und mit viel Aufwand an die Bevölkerung verabreicht, bevor überhaupt klinische Nachweise für Wirksamkeit und Sicherheit vorlagen. Dass gemäss NZZ bis jetzt rund 18,8 Mio. Impfdosen entsorgt werden mussten, das ist eine weitere schmerzliche Konsequenz dieser Vorgehensweise.
Dies sind nur zwei Beispiele die zeigen, dass die Neufassung der IGV sehr viel Unklarheit und damit auch Rechtsunsicherheit hinterlässt. Sie ist für uns ein Schnellschuss mit weitreichenden, im Moment unabsehbaren Konsequenzen. Dabei wäre gerade in solch wichtigen Dingen Sorgfalt angesagt. Welchen vernünftigen Grund gibt es, uns selber unter Druck zu setzen? Wir sollten diese Sache nicht «möglichst schnell hinter uns bringen», sondern überlegt handeln und dabei auch auf unsere bestehenden Gesetze achten. Aus diesem Grund halten wir an der Motion fest und beantragen dem Grossen Rat die Annahme dieses Begehrens.
Der Bundesrat wird also aufgefordert, dem Generalsekretariat der WHO bis spätestens 15. März 2025 gestützt auf Art. 59 Abs. 1 und 1bis der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV 2005) die Zurückweisung aller Anpassungen gemäss der WHO-Abstimmung vom 1. Juni 2024 zu erklären.
Die EDU/Aufrecht-Fraktion erklärt die Motion einstimmig für erheblich.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.