Beschluss des Grossen Rates über den Nachtragskredit zur Erhöhung des Globalbudgets 2024 der Steuerverwaltung
Votum von Marcel Wittwer, Fraktionssprecher EDU, an der Grossratssitzung vom 28.08.2024
Sehr geehrter Ratspräsident, geschätzter Regierungsrat, Kolleginnen, Kollegen
44 neue Stellen beantragt der Regierungsrat für die Stärkung der Personaldecke in der Steuerverwaltung.
Die EDU/Aufrecht-Fraktion ist sehr unerfreut darüber, dass der Regierungsrat auf einen Schlag beinahe einen mittleren Betrieb einstellen will, um Missstände in der Steuerverwaltung in den Griff zu kriegen. Es ist überflüssig, zu erwähnen, dass wir den Veranlagungsrückstand anerkennen und grosser Handlungsbedarf besteht.
Die Stellenentwicklung in der Kantonsverwaltung ist schon ohne diese Stellen problematisch, nun kommen gemäss Regierungsrat 44 obendrauf. Schon allein die für den Thurgau immense Zahl an beantragten Stellen in Form der Globalbudgeterhöhung ist Zeichen dafür, dass etwas gehörig im Argen liegt. Es gibt Stimmen, die wollen nur nach vorne sehen. Wir wollen auch nach vorne sehen und lösungsorientiert mitwirken. Aber wenn wir nur einen Minimalstandard an Verantwortlichkeit in der Politik wollen, müssen Verantwortlichkeiten auch benannt werden. Wir fordern deshalb den zuständigen Regierungsrat nochmals auf, seine Verantwortung klar zu benennen. Es nützt wenig, nach Ursachen in der fernen Vergangenheit zu suchen. Dass sich ehemalige Finanzdirektoren zu Wort melden, ist begreiflich, da sie nicht adäquat in die Ursachenermittlung einbezogen wurden. Audiatur et altera pars. Man höre auch die andere Seite.
Die Ermittlung des Stellenbedarfs mag über weite Strecken schlüssig sein. Ausgewählte Statistiken über Angestellte pro Steuerpflichtige z.B. muten hingegen eher verzerrt an und die Aussage des Berichterstellers in subjektiver Weise unterstützend.
Die Gefahren dieses grossen Etats sind zweierlei: die Vernachlässigung der betrieblichen Effizienz durch Prozessoptimierung und Innovation. Zweitens, wenn der Rückstand einmal eingeholt ist, stellt sich womöglich ein zunehmender Formalismus ein. Schon jetzt wird der Ruf nach Buchprüfungen durch die Steuerbehörde laut. Man darf sich fragen, wie nötig solche Buchprüfungen durch die Steuerbehörde sind und wie sich das Kosten-/Nutzenverhältnis solcher Buchprüfungen präsentiert. Mir würde grauen, sollte irgendwann Pedanterie überhandnehmen.
Auch werden Ängste geschürt, dass durch den Rückstand Steuersubstrat entgehen könnte. Dabei wird übersehen, dass Steuersubstrat durch Gesetze definiert ist. Das Steuersubstrat löst sich also nicht in Luft auf. Das trifft vielleicht höchstens auf nicht nachgeführte Bewertungen von Liegenschaften zu. Natürlich: Man kann die Zitrone immer weiter auspressen. Oder man lässt die Zitrone Zitrone sein. Ich bevorzuge die Zitrone.
Aus den vorstehenden Überlegungen sieht die EDU den Kompromissvorschlag der GFK als Maximallösung, hätte sich aber eine noch deutlichere Reduktion des Etats gewünscht. Stellen auf Vorrat sind keine Option. Aufrecht enthält sich in der Frage, welcher Etat der richtige ist, da der Zahlenbasar mit Willkür behaftet ist.
Beide Fraktionsteile EDU und Aufrecht sehen den offensichtlichen Handlungsbedarf, der Veranlagungsstand muss prioritär aufgeholt werden. Wir lassen uns aber nicht erpressen, deswegen einfach zu allem Ja zu sagen.
Die EDU/Aufrecht-Fraktion ist für Eintreten und wird grossmehrheitlich dem Kompromissvorschlag der GFK zustimmen.
Zeitungsberichte zum Thema und zur Debatte:
«Finanzdirektor entschuldigt sich»
«Steuer-Stau: Ex-Finanzchefs wehren sich»
«Thurgauer Altregierungsräte weisen Verantwortung von sich»
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