Motion «Gleichbehandlung der Eigenbetreuung»

Marcel Wittwer, Fraktionssprecher EDU, an der Grossratssitzung vom 03.05.2023

Sehr geehrte Ratspräsidentin, geschätzter Regierungsrat, Kolleginnen, Kollegen

Die EDU dankt dem Motionären, der dazu beiträgt, dass über die überlegenste Form der Betreuung gesprochen wird: die Eigenbetreuung. Wir bedanken uns auch für die regierungsrätliche Antwort.

Es verdient Anerkennung, dass der Motionär eine Ungleichbehandlung der Betreuungsformen erkennt, eine Erkenntnis, die dem Regierungsrat abzugehen scheint. Der Regierungsrat selbst spricht von Lenkungswirkung zu Gunsten der Fremdbetreuung, was nichts anderes als eine Bevorzugung der Fremdbetreuung und damit Benachteiligung der Eigenbetreuung impliziert. Das ist falsch. Wir achten die bezahlte Arbeit höher als die Sorge um unsere nächste Generation. Auch paradox: Wir wollen die nächste Generation mit Umweltmassnahmen retten, gleichzeitig soll sie uns ja nicht bei der Verwirklichung unserer Träume und Ziele behindern. Das verkehrt-paradoxe wäre höchstens dann annehmbar, wenn es keine Rolle spielen würde, durch wen ein Kind auf- und erzogen wird. Doch es spielt eine Rolle, eine entscheidende sogar. Um den Missstand unserer verdrehten Wertung zu kaschieren, argumentiert der Regierungsrat mit der generellen Familienförderung via Steuerabzügen und Zulagen, was nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit vorliegender Motion und besagter Ungleichbehandlung steht.

Viele Eltern im Thurgau kümmern sich nach wie vor selbst um ihre Kinder und kein Lenkungselement wird dies ändern können. Trotz des enormen gesellschaftlichen und politischen Drucks insbesondere auf Frauen, in den Arbeitsprozess zurückzukehren, befeuert durch immer noch mehr und höhere Abgaben, um u. a. ein paralleles Betreuungsnetz aufzubauen, lassen sich viele Frauen mit Fug und Recht nicht vorschreiben, dass sie die bezahlte Arbeit der Sorge um das eigene Fleisch und Blut vorziehen. Gleichberechtigung, wie die regierungsrätliche Antwort hochtrabend formuliert, wird ad absurdum geführt: Mehr Familien sollen ein Lebensmodell mit zwei erwerbstätigen Elternteilen wählen. Seit wann haben die Bürger Politiker als Vormund und Erzieher berufen? Man ist also nur gleich, wenn man so handelt, wie es den Oberen passt. Nein, die eigenverantwortlich handelnden Familien, die dem Staat grosse Dienste leisten und für die Betreuung keinen Rappen in Anspruch nehmen, haben unser Lob und Anerkennung verdient, sie sind gleich und müssen nicht mit schulmeisterlichem Rat gleich gemacht werden. Die Anerkennung dieser Familien wird sträflich unterlassen.

Es entspricht dem gesunden Menschenverstand, auch in einer arbeitsteiligen und hochentwickelten Wirtschaft Kinder nicht aus ihrer natürlichen Umgebung bei ihren Erzeugern in eine fremde Umgebung zu verpflanzen. Die mit der Kinderaufsicht Betrauten mögen noch so pflichtbewusst sein: Sie haben nicht das gleiche emotionale Empfinden. Neurologisch und entwicklungspsychologisch ist die Überlegenheit der Eigenbetreuung längst und nicht überraschend nachgewiesen.

Was die Motion betrifft, sind wir von der EDU-Fraktion trotz dieser Ausführungen der Auffassung, dass ein Fehler im System nicht durch einen neuen Fehler bereinigt werden kann. Wer sich um die eigenen Kinder kümmert, tut dies nicht, um ein Entgelt dafür zu verlangen. Die Allgemeinheit muss die Eigenbetreuung nicht alimentieren. Sie überzeugt aus sich selbst heraus, sie bedarf keiner monetären Aufwertung. Wenn wir die Fehler bei der Förderung der Fremdbetreuung bereinigen würden, könnte so viel Geld gespart werden, die Familien hätten wieder mehr Luft für den Lebensunterhalt und die eigenverantwortliche Vorsorge.

Die EDU Fraktion ist einstimmig gegen Erheblicherklärung der Motion.

  • Ja
    Parole
    Eidgenössische Vorlage
    KVG – Einheitliche Finanzierung der Leistungen

Der «Standpunkt», die Zeitschrift der EDU, behandelt aktuelle Themen.

Abo: CHF 30.–, Probenummern gratis.
Medienschaffende erhalten von der Redaktion die aktuelle Ausgabe.

Unterstützen Sie uns
Folgen Sie uns