Finanzstrategie 2024–2030
Votum von Marcel Wittwer, Fraktionssprecher EDU, an der Grossratssitzung vom 05.06.2024
Sehr geehrter Ratspräsident, geschätzter Regierungsrat, Kolleginnen, Kollegen
Der Kanton hat ein Ausgabenproblem. Genau deshalb ist die jetzige Periode eine grosse Chance. Wir können endlich unnötigen Ballast abwerfen. Solange die Staatskasse sprudelt und die Ergebnisse stimmen, werden laufende und neue Ausgaben nicht so stark hinterfragt. Erst wenn der Druck grösser wird, überlegt sich jeder etwas mehr, ob man sich dieses oder jenes leisten kann.
Beim privaten Haushalt funktioniert das so: Man weiss, was hineinfliesst und davon ausgehend werden die Ausgaben geplant. Beim Staat sollten die von den Privaten delegierten Aufgaben so wenig wie nur irgend möglich sein und entsprechend wenig eingenommen werden. Dem Bürger bliebe maximale Freiheit. Prosperität und Wohlstand kommt nicht von Staatsausgaben, sondern von Privaten, die ihr Geld frei gewinn- und nutzbringend einsetzen.
Leider ist es ein Naturgesetz, dass der Staat über seinen Verhältnissen lebt und sich deshalb verschuldet. Der Kanton Thurgau ist zwar nicht verschuldet, ohne die externen Geldquellen wäre er es aber – und wie er es wäre. Das zeigt sich jetzt, wo der Geldsegen geringer wird und das Eigenkapital bereits erheblich wegschmilzt. So lebt auch der Kanton Thurgau über seinen Verhältnissen. Es ist am einfachsten, hier noch etwas Geld auszugeben und da auch noch etwas. Wir alle hätten immer eine gute Idee, wofür noch Geld ausgegeben werden könnte. Leider will man einmal mehr den Weg des geringsten Widerstands gehen und an den Steuern schrauben. Die EDU/Aufrecht-Fraktion wird sich gegen übereilte Steueranpassungen wehren. Zuerst müssen wir bei den Ausgaben über die Bücher. Konkrete Massnahmen zur Zukunftsfähigkeit und -tauglichkeit sind gefordert.
Die EDU/Aufrecht-Fraktion lehnt es auch ab, ordnungspolitisch nötige Diskussionen wie später über die Liegenschaftssteuer aufgrund der Finanzlage zu ersticken. Wie gerufen kommt der Vorstoss zur Stellenplafonierung und Begrenzung der Staatsquote. Bis zur Behandlung wird es noch dauern, aber der Vorstoss wird sich als Lackmustest erweisen, wie jemand angesichts der Finanzlage zum Staat steht. Wollen wir mehr oder weniger Staat? Jetzt ist die Gelegenheit, endlich wieder einmal weniger Staat zu bekommen.
Auch wird man bei Investitionsprojekten und den oft überteuerten öffentlichen Bauprojekten genau hinsehen müssen und Notwendiges von Wünschbarem trennen. Beispielsweise ist es ja nett, wenn neue pädagogische Konzepte mehr Raum erfordern, aber das ist nicht gratis zu haben und die Kosten sind immer dem Nutzen gegenüberzustellen, immer, auch wenn es um heilige Kühe wie Bildung und Sicherheit geht.
Es soll nicht unterlassen zu werden, auf folgendes hinzuweisen. Gewisse nicht unwesentliche Kostensteigerungen haben bestimmte gesellschaftliche Ursachen. Vertieft darüber nachzudenken und Massnahmen zu ergreifen, würde sich nicht zuletzt finanziell lohnen. Die Ursachen zu ignorieren, wird uns irgendwann einmal einholen. Themen sind z. B. psychische Probleme oder Kriminalität. Oder das bereits angeschnittene Problem, dass wir die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in der Umsetzung völlig überdehnen, was insbesondere bei Bauprojekten augenscheinlich ist.
Die EDU/Aufrecht-Fraktion wird sich in der kommenden Legislatur mit schwieriger finanzpolitischer Ausgangslage dafür einsetzen, dass sich der Kanton wieder auf das Wesentliche konzentriert und das Portemonnaie des Privaten und die Unternehmenskassen geschont werden.
«Steuerfusserhöhung droht der Absturz»
Bericht in der Thurgauer Zeitung zur Debatte zum Thema im Grossen Rat.